Donnerstag, 15. September 2016
Mit innerer Zufriedenheit ist alles schön
16. September
Gestern war gemütliches Bummeln angesagt, mittags besichtigte ich ein Schloß auf dem Berg vor der Stadt. Es war vor 100 Jahren der wohlhabendste Privatbesitz und das größte canadische Schloss. Die Bedeutung unserer Schlösser nehmen hier die Nationalparks ein.



Heute ging es dann mit Rad und Sonne auf das autofreie Toronto Island. Überall sattes Grün und blaues Wasser. Die laute Stadt in guter Distanz, und auf der anderen Seite den großen Ontariosee wie ein Meer. Die Sandstrände mit kleinen Dünen sind sehr verlockend, vielleicht kann ich am Sonntag nochmals baden. Ein Vietnamese bat mich, seine Familie zu fotografieren und fragte, ob ich deutsch wäre. Auf mein Erstaunen hin, bezog er es auf den Dialekt. Sogar in English ist die Herkunft nicht zu leugnen.



Greyhound Peterborough (4 h, ges. 164 h, Ontario)
Bei meiner Abreise versprach ich meinem fast 103-jährigen Opa Franz, seine Freunde in diesem Ort zu besuchen. Ich wollte nicht fremde Leute vorher anrufen, sondern lieber ins kalte Wasser springen. Also wählte ich willkürlich den Tag, fuhr sehr früh los, dort mit dem Stadtbus in das Wohngebiet und klingelte mit etwas Herzklopfen in einem feudal ausgestatteten Anwesen. Eine Frau öffnete, es brauchte nur einen Satz, um sich wohlzufühlen. Sie waren erst vor Minuten vom Markt gekommen und wären dieses Wochenende wieder im Ferienhaus, wenn der Mann sich nicht einige Rippen gebrochen hätte. Zu dritt tauschten wir vieles aus, riefen Opa Franz an, der aus allen Wolken fiel und hatten einen gemütlichen Tag miteinander. Ich erfuhr viele Anekdoten, Beispiele der unwahrscheinlichen Energie des Seniors, wie er bis zum 97. allein im Auto noch die 4 Std. zum Feriengebiet fuhr und sehr gerne feierte. Heute war mein erster ganzer Regentag, es war völlig egal, alles passte mal wieder. Ich hörte jetzt 2 mal wie schön das deutsche Bonn sei, man konnte nicht verstehen, dass ich noch nicht dort war. Das muss ich nachholen. Ja, und dann wieder ein Grund zur Dankbarkeit. An der Ecke der Bombenexplosion in NY war ich vor 3 Wochen fast täglich, und in New Jersey wohnte ich.

19. September
Als ich in Toronto ankam, verfehlte ich erst meine Straße und entdeckte deshalb eine deutsche Kirche. Die freuten sich vielleicht als eine aktuelle Deutsche gestern zum Gottesdienst kam. Man umringte mich, erzählte von Tübingen, Stockach, Bremerhaven .... Es ist eine Pastorin, die 2000 aus Potsdam kam und nun mit den wenigen Gemeindegliedern, die im Durchschnitt 80 Jahre alt sind, lebt. Sie wanderten alle nach dem Krieg aus und versuchen, ihr Deutschsein zu pflegen. Natürlich ist es abzusehen, wann die Kirche verkauft wird. Sie machen am Freitag einen Bazar, ich werde helfen. Eine gute Abwechslung zum Touristenleben, ich will ja auf Menschen treffen.
In meiner Volunteerzeit konnte ich nicht oft schwimmen, werde ich jetzt dafür belohnt? Wenn man auf der Insel am Ontariosee liegt, sucht man Schatten und freut sich am lauen Wasser. Die restlichen Touristen, ein paar Torontoer Senioren und ich staunen jedenfalls glücklich im eigentlich als kalt bekannten Canada. Diesen Sommer ist alles anders. Kommt man dann abends in die Stadt zurück und trifft im richtigen Moment auf die richtige Straße, sieht es so aus.



Leider kann ich euch von heute und morgen nichts Neues berichten, ich mache wirklich Urlaub.
Okay, heute habe mich ich mich wieder erinnert, dass ich auch noch Tourist bin, außerdem verdaue ich einen Sonnenbrand - Ende September. Ich konnte noch 3 Unternehmungen für die nächsten Tage buchen, dazu später mehr. Nach der xten Empfehlung ging ich dann doch auf den CN-Tower und blieb überrascht fast 3 Stunden oben. Na ja, ich brauchte schon eine halbe Std. zur Überwindung, bevor ich in 350 m auf den Glasboden ging, die Wolkenkratzer wie im Legoland unter mir.



Bei der nächsten Station in 450 m ist dann die laute Welt noch kleiner.



Abends war freie Museumsnacht, die Kunstgalerie Ontario war sehr vielseitig und interessant. In der europäischen Abteilung gab es vorrangig Portraitbilder, in der canadischen Natur. Jetzt genieße ich noch etwas die laue Nacht.

22. September
Heute ging ich in den Untergrund. Diese Riesenstadt hat eine 27 km lange, rechteckige Fußgängerpassage, genannt "Path", parallel zum Subway. Trockenen Fußes hat man dort alle Dienstleistungen, Ärzte, Essen und Einkaufen ohne Ende, voll klimatisiert und erleuchtet. Irgendwann fühlte ich mich als Maulwurf und wollte wieder in die laue Außenwelt, was gar nicht so einfach war. Schon wahnsinnig, was Menschen erschaffen und konsumieren können. Diese kleine Erinnerung an Deutschland gefiel mir am besten, Ideen muss man haben.



Die Abendstimmung am See war eine wohltuende Ergänzung. Ich bin gespannt wie morgen der Basar wird.



Freitag, 9. September 2016
Urlaub vom Urlaub ist überhaupt das Beste
8. September
Obwohl es heute immer wieder regnete, blieb der Sommer und die Entdeckerfreude. Mittags ging ich mit meiner Hamburger Zimmerkollegin ins historische Museum, allein der Bau ist schon überwältigend. Der Rückweg über eine lange Brücke war vom Sonnenuntergang überflutet. Bei der Lichtershow heute Abend wurde man ganz spontan von den singenden, tanzenden, Rädchen schlagenden Jugendlichen mit einbezogen. Immer wieder kam die Parole: Friede, Freiern, Partnerschaft. Die 34.000 Studenten dieser Stadt sorgen für eine unbeschwerte Dynamik.



Obwohl es hier ziemlich französisch geprägt ist, ist die Atmosphäre genau wie in Vancouver - eben Canada.



Das ist Urlaub pur. Morgens aufstehen, toller Sonnenschein und ein unverplanter Tag. Ich entdeckte einen anderen wunderschönen Radweg am großen Ottawa River entlang, vollkommene Stille und eine Sandbadestelle vom Feinsten. Stellt euch einen Hochsommertag am Bodensee ohne Touristen vor. Das kann morgen nur wiederholt werden!



11. September
Das war vielleicht wieder ein Timing. Gestern war mein dritter Sommerbadetag hier und abends die letzte Lichtershow dieses Jahr. 3 Minuten nach dem letzten Scheinwerfer begann ein kurzes Gewitter und seit heute Morgen ist es Herbst, mit ziemlich kühlem Wind. Ich hätte es nicht besser haben können. Der Park heute war sehr weitläufig mit historischen Ruinen. Wenn dieser Laubwald in 3 Wochen im Indian Summer erstrahlt, muß es phantastisch sein. Vielleicht erwische ich ja in Toronto auch noch ein Tüpfelchen davon.

Greyhound Toronto (6 h, ges. 160 h, Ontario)
Nun fahre ich wieder durch die Nacht einer 6 Millionenstadt entgegen. Ich habe noch ein paar gute Pläne und kenne ja auch dort schon einige verträumte Ecken. Es ist einfach gut, morgens anzukommen, den neuen Stadtplan zu ergattern, den jeweils anderen Umgang mit den Verkehrsmitteln herauszufinden, die Unterkunft zu suchen, um den Koffer los zu werden, im i-Punkt mit Prospekten zu planen usw. Torontos Hochhäuser wurden auf die Schnelle hochgezogen, umso schöner ist das Hafengelände am Ontario See. Man dreht der Stadt den Rücken und hat strahlend blaues Wasser, mit Insel, Sonnenschein und Urlaubsatmosphäre. Auf dem kleinen Inselflugplatz landen und starten im 5-Minuten-Takt Propellermaschinen, die den Schiffen fast die Vorfahrt nehmen.



Nach dem Genießen bestellte ich schon mal ein Rad im voraus und begann Pläne zu schmieden. Ich bin wieder mal mit mir zufrieden, heute wird nur eines verraten: übermorgen wiederhole ich die Niagara Fälle, das muss einfach sein. Diesmal mit einer festen Tour, alles andere buche ich wieder selbst.

13. September
Gestern war ausgefüllt mit der Flugumbuchung. An einem der weltgrößten Flughäfen hier konnten mir Lufthansa und Air Canada nur Absagen erteilen. Dann war es ganz einfach, eine Email an den ADAC Ravensburg. Ich wollte die Sicherheit gleich in der Hand haben, statt dem Internet zu vertrauen. Also, ich komme am 1. Oktober wieder in die Heimat und haue hier vorher noch ein bisschen auf die Pauke.
Heute war die Tour zu den Niagarafällen, bei bestem Wetter, mit Stellen, die ich damals nicht entdecken konnte. Die Superlativen hier überschlagen sich immer wieder, man kann vor den Naturgewalten nur dankbar staunen. Das Schiff fährt so nah ran, dass man die Gewalt gut spürt. Leider kann ich immer nur ein i-Tüpfelchen weitergeben.






Samstag, 3. September 2016
Zurück in Canada, fast schon heimatlich
3. September
...aber dieses einmalige Land zeigte sich gleich wieder von seiner besten Seite. Als der Greyhoundfahrer hörte, dass ich ins Gefängnis muss, ließ er es sich nicht nehmen, mich mit dem Riesenbus direkt vor die Tür zu fahren. (Normal fahren die nur in ihr Depot).
Dieses HI-Hostel ist sagenhaft urig und höhlenartig, ein sehr gelungener Umbau noch mit der alten Atmosphäre. Ganz kleine und größere Zellen, endlose Flure, sehr sauber und gemütlich. Ich habe ja schließlich auch nichts verbrochen! :-)




Mit offenen Zellentüren


Aussenansicht des Gefängnisses

Morgen ist hier im Haus eine Führung und auch in der Landeshauptstadt. Mal sehen wie sie sich von Washington unterscheidet. Ich sah schon den breiten Fluß und hörte von netten Angeboten. Also, auf zu neuen Taten!
Wirklich ein romantisches Städtchen, erinnert an das alte London oder Kopenhagen. Viel Wasser, sehr schöne Rad- und Wanderwege am Ufer, es war goldrichtig, hier länger zu buchen.



Die interessante Führung hinter den offiziellen Teil des Gefängnisses zeigte wie hart früher bestraft wurde, bis hin zum Henkerstrick. Wir waren schon etwas eingestimmt, denn nachts um 5 ging der Feueralarm los, was ich schon von London kenne. Also, raus auf die Straße, bis endlich die Feuerwehr kam, mit Axt und Vorschlaghammer. Ihr einziges Problem war, die Alarmanlage abzuschalten, wieder mal übersensibilisierte Technik.
In den letzten Tagen änderte ich meine Pläne. Es ist einfach zu lange, 3 Monate nur zu reisen, Bett, Bus, Essen ... zu organisieren und täglich neue Eindrücke zu speichern. So werde ich nun den September noch so richtig in Ostkanada genießen und meinen Rückflug auf Monatsende umbuchen. Ich habe mehr erlebt und gesehen als ich mir erträumen konnte, und in Deutschland warten besonders schöne Dinge auf mich.

5. September
Ein toller Tag, bei Hochsommerwetter am Sandstrand gebadet, dann ca 10 km am Wasser entlang gewandert, mit tollen "Augenblicken".



Immer wieder bin ich beeindruckt wie freundlich man angesprochen wird: mitten im See, im Bus, auf der Straße und heute Abend. Den ganzen Sommer gibt es jeden Abend bei Dunkelheit für 30 Minuten ein Festival of Lights. Dabei wird in allen Farben die Geschichte Canadas auf das Parlamentsgebäude mit dem Big Ben projiziert, sagenhaft. Dann laufen mehrere tausend Menschen wie im Friedens- marsch fast schweigend durch das Regierungszentrum. Das gebe ich mir jetzt mehrere Abende als Betthupferl.



Auch am nächsten Tag stand an unserem Ausgang 30 Grad, gefühlte 35. Dementsprechend bummelte ich auch nur gemütlich herum. Heute nahm ich an einer Führung durch das Parlament teil. So wird man nicht mal am Flughafen kontrolliert, ob unsere Angela Merkel wohl auch so abgesichert ist? Der Bau ist wunderschön, mit 53 Glocken und tollem Gotikbaustil. Immer neu ist es beeindruckend wie dieses Volk sein Land liebt und fast ehrt. Die Freude und Vorbereitungen für das 150-jährige Bestehen nächstes Jahr sind überall spürbar.



Nach weiteren Überraschungen sah ich um die Mittagszeit eine offene Kirchentür. Da ich gerne Kirchen anderer Länder sehe, ging ich hinein und landete in einer Andacht wie im Hamburger Michel. Obwohl es nur 10 Besucher waren, war Abendmahl und eine Einladung zu einem kleinen Mittagessen. Das war sehr familiär, ich wurde viel gefragt und erhielt neue Tipps. Eine Einwohnerin lud mich für Sonntag in einen Nationalpark in der Nähe ein. Gerade noch bevor ich in dieser Nacht abfahre, toll. So, jetzt gehe ich wieder zu meinem geliebten Lichterfest bei lauer Sommernacht.