Meine letzte Woche in dieser unkompliziertenWelt
23. September
Wir richteten zu fünft die Dinge für den Basar her, während es draußen regnete. Die Pfarrerin Katharina ließ sich nicht beirren, sie wollte glauben und hoffen. Sie hatte recht, wir bekamen dann keinen einzigen Tropfen ab, hatten sehr nette Begegnungen und lustige Erlebnisse, es war wie auf dem deutschen Flohmarkt. Ich fühlte mich wieder mal richtig heimisch, erfuhr nochmals viel Neues und wurde abends von Katharina und ihrem Mann eingeladen.
Morgen werde ich an einer Bustour in einen kleinen Nationalpark teilnehmen. Abends gehe ich in das Musical Matilda. Es wird sehr gut im Internet beschrieben, erhielt die besten Auszeichnungen und erinnert mich an manche meiner Heimfamilien.
Der Ausflug fand doch tatsächlich in einem Schulbus statt. Mit diesen will ich schon immer fahren, am liebsten in Deutschland.



Im Park war nochmals fast unberührte Natur, und der kleine Ort hatte sehr anmutige Häuser.



Das Musical Matilda hat eine starke Kinderbesetzung, dass eine Grundschülerin die Hauptrolle in live durchhalten kann, ist unglaublich. Genauso unvorstellbar ist der Konsum des Publikums in der Pause, die favorisierten Popcorns werden mit in die Vorstellung genommen. Es sah nachher aus wie im schlechtesten Kino. Das ist die negative Seite der Toleranz. Die Straßen der Innenstadt waren dann kurz vor Mitternacht noch voller als am Tag, man wühlt sich beeindruckend durch.

25. September
Greyhound Kingston (3 h, ges. 167 h, Ontario)
Philadelphia war die Hauptstadt vor Washington, in Canada war es vor Ottawa dieses wunderbar gelegene Kingston am Ontariosee und St. Lorenz River. Das wird meine letzte Unterkunft, diesmal ein Privatzimmer von Airbnb.
Eine sehr freundliche Canadierin holte mich ab, trug meinen Koffer und fragte nach Fahrtwünschen. Sie vermietet erst seit kurzem, ich bin ihr 2. Gast, dankbar nahm sie meine Erfahrungen auf. Susan lebt allein in einem großen Haus, mit noch größerem Gelände, die 4 Kinder sind selbstständig. Ich hab also Narrenfreiheit hier, eine Etage für mich und draußen einen Pool, falls es nochmals wärmer wird. Die Maklerin wuchs in Südafrika auf, und schätzt Deutsche. Abends gehen wir mit ihrem kleinen Hund raus, dabei sehe ich schöne Plätze für Insider. Das Städtchen ist verspielt nett, ich konnte schon Schiffstouren vorbuchen. Genau der richtige Platz für die letzten Tage.
Bevor morgen eine längere Schiffsreise folgt, ging ich heute per Fähre auf eine Insel, die auf der einen Seite von Canada und der anderen von Amerika angefahren wird. Bei den wenigen Bewohnern traf ich auf eine Deutsche, die hierher heiratete. Sie bot mir ein Fahrrad an und hatte viele Fragen. Plötzlich roch es vertraut, und ich stand mitten in einer Backstube, deutsche Schneckennudeln, dunkles Brot usw. Im Rathaus bekam ich dann eine Einzelführung und erfuhr die symbolische Bedeutung einer Ananas: Gastfreundschaft! Die Abendwanderung mit meiner Vermieterin forderte nochmals geballte Kondition, die mit wunderbarer Natur belohnt wurde.

27. September
Bei strahlender Herbstsonne war die Inselfahrt sehr romantisch. Die 1000 Inseln in diesem Fluss sind nummeriert und nach einer Eiszeit durch die Sprengung der Felsen durch wandernde Gletscher entstanden. Sie sind auf 80 km Länge verteilt, unsere kleine Auswahl war auch schon eindrucksvoll. Manchmal passt nur ein Haus darauf oder die Natur kann sich frei entfalten. Abends besuchte ich eine öffentliche Stadtratssitzung im Rathaus, die sehr geordnet ablief.



Die beiden letzten Sonnentage hier nütze ich zum inneren Abschied, zum Bummeln, mit der Fähre kostenlos auf dem See und Fluß rumkurven und für spontane Begegnungen, die auch hier zahlreich sind. Meine Vermieterin hat mich für Freitag zu einem besonderen Frühstück eingeladen, auf dem Weg zum Bus. Es reicht ihr noch nicht, dass sie für mich morgens öfter frische Muffins zaubert. Übrigens, ich gebrauchte den Begriff "Indian Summer" immer für die bunten Ahornwälder. Eigentlich ist es ein Wort der Indianer für unseren Altweibersommer, wenn es auch hier spät nochmals sehr warme Tage hat.



Den Abschluß widmete ich nochmals der canadischen Geschichte und besichtigte das Wohnhaus von Sir John A. Mcdonald. Er war er erste Prime Minister, der Gründer des Staates Canada und Schöpfer der Transcanadischen Eisenbahn. Noch heute wird er als Landesvater verehrt, in seinem Sinne liebt man hier die Heimat.



Greyhound Toronto (3 h, ges. 170 h, Ontario)
Nach unserem exklusiven Abschiedsfrühstück und meiner letzten Busfahrt werde ich noch eine Nase voll Großstadtluft mit zum Flughafen nehmen. Der Flug dauert 7 1/2 h, ich bin gespannt, ob sich Air Canada von Lufthansa unterscheidet. In Frankfurt schreibe ich noch ein Schlußwort, dann hat mich Deutschland wieder.