Auf dem Weg Richtung Deutschland
Greyhound nach NY (50 h, ges. 133 h, NY)
23. August
Zwei Nationalparks in South Dakota hätte ich gerne noch besucht, doch ich scheue gerade die Umstände, sie zu erreichen. Im Mt. Rushmore meiselten von 1927 bis 1941 ca. 400 Arbeiter die Köpfe der Präsidenten, die Geschichte schrieben, in die schwarzen Felsen: Washington (1.), Jefferson (3.), Roosevelt (26.) und Lincoln (16.), jeweils 18 Meter hoch. Dies war eine riskante Aktion, ohne die heutige Technik. Die Indianer sehen das heute noch als Entweihung ihres Heiligtums. Was wird wohl der/die 45. Präsident/in verändern?



Diese Fahrt ist wieder ganz anders als z.B nach Alaska. Volle Busse, zügiges Abfertigen, unendlich ausgedehnte Natur und die pulsierenden multikulti amerikanischen Großstädte. Ich habe jetzt in Chicago gut die Hälfte der Fahrt hinter mir, immer auf dem Hwy 90 durch mehrere Staaten gen Osten. Die letzten 24 Std. war ein einmonatiges Baby mit im Bus und der Dickste setzte sich ausgerechnet neben mich. Ein lustiger Truckerfahrer, der seine Deutschbrocken erweitern will und mich allen Ernstes fragte wieviele Jahre ich schon in Amerika lebe. Gestern buchte ich bereits die Unterkunft in Ottawa, Empfehlung von den Frauen im Yellowstone: ein umgebautes Gefängnis, sieht gut aus (jail Hostel, Ottawa).

25. August
Bin gerade sehr gut angekommen, nach zusätzlichem Buswechsel wegen Panne sogar im passenden Stadtteil. So, jetzt muss ich erst mal zur Unterkunft und mich um Sauberkeit und Schlaf kümmern. Aber das war dann doch nicht so einfach, denn man kann erst am Nachmittag einchecken. Also machte ich trotz meines übernächtigten Aussehens gleich einen Broadwaybummel und staunte, wie vieles mir nach 3 Jahren gleich wieder bekannt war. Der Grand Central Terminal, einer der bedeutendsten Zugbahnhöfe der Welt, war eine passende Einstimmung. Beim nach unten gehen, kann man fühlen, was Stuttgart 21 noch vor sich hat.



Nachts pulsiert diese Stadt noch mehr und lebt ihre Einmaligkeit aus.



Heute hatte es wieder 35 Grad, so dass ich zuerst die kühle Library aufsuchte, mit dem weltschönsten Lesesaal. Dieser ist leider 2 Jahre wegen Deckenrestaurierung geschlossen. Hier vielleicht der zweitbeste. Diese Büchereien haben in Nordamerika einen viel höheren Stellenwert und werden sehr rege frequentiert.



Im Süden von Manhattan ist alles ganz dicht, Weltbanken, Börse, Ground Zero, mit seinen Wunden und neuen Einmaligkeiten, ganz viel buntes Leben und ein reger Fährenverkehr. Eine Tour bringt täglich über 100 Tausend kostenlos zur State Island und heute mich: vorbei an Ellis Island und Freiheitsstatue bei bestem Wetter und herrlicher Aussicht.





Die Abendstimmung passte zu dem jetzt frei zugänglichen Ground Zero Memorial an beiden ehemaligen Turmfundamenten, mit seiner fast weihevollen Stille.



In unmittelbarer Nähe ragt der neue Tower leuchtend gen Himmel und erstrahlt der seit kurzem eröffnete Subway Station "Oculus" des spanischen Architekten Calatrava aus weißem Marmor. Diese beiden Bauwerke sind eine Superlative der Höhe und der Tiefe. Der Bahnhof wirkt äußerlich zwischen den Skylinern wie eine weiße Taube, die gerade wegflattern will, zeigt jedoch im Innern ein gewaltiges Volumen der Baukunst. Auffällig ist, dass es in den größten Bahnhöfen hier keine einzige Bank gibt, kein Ort für Nichtsesshafte.





Während ich mich in die Reihe der Staunenden einordnete, sagte mir eine gebürtige New Yorkerin, sie fand diese Plätze früher viel stimmiger und meide jetzt diese Gegend. Sie wird sich daran gewöhnen müssen, den 9.11. kann man nicht ungeschehen machen.