Dienstag, 16. August 2016
Auf der Straße zuhause
Greyhound nach Bozeman/Belgrade
(23 h, ges. 83 h, Montana)
17. August
Die lange Fahrt ging durch mehrere Staaten und Landschaften. Man begegnet dabei interessanten Menschen, z. B. 2 Irinnen. Sie machen genauso verrückte Touren wie ich, wir genossen einen kleinen "nap" auf einer Wiese während eines Aufenthaltes. Montana ist das Gegenteil von der SF-Gegend, verschlafen, viel grüner, mit Weite und Bergen. Mir fällt immer wieder das Lied "Caroline" ein: In Montana, in den Bergen, steht ein Haus am Waldesrand .... Man kann sich die reitenden Indianer so richtig vorstellen.
So, jetzt lebe ich mich ein, werde Schlaf nachholen und mich dann zum Yellowstone auf den Weg machen. Ich hörte wieder viel von den großen Waldbränden in Californien, den Überflutungen durch den Mississippi auf einer Fläche der Größe Italiens und der Hoffnung auf Trump, dessen Versprechen sehr geglaubt wird.
So einfach war es dann doch nicht, ich bemühte mich den ganzen Tag rechtschaffen, eine Bustour zum Y. für die nächsten Tage zu finden und nicht alleine ein Auto zu mieten. Erfolglos, weil alle Ansagen der Mitarbeiter in SF falsch waren oder nur im Winter gelten. Vor meinem Krisenplan für morgen war mir selbst schon Angst. Beim Zähneputzen begegneten mir zwei neue Frauen, die ich auch gleich fragte. Und? Sie fahren morgen zum Y. und waren erfreut, das Erlebnis mit mir zu teilen, das an unserer eigenen Haustür wieder endet. Toll, morgen mehr! So, jetzt darf ich endlich nach Busnächten und Ärger ins Bett und sogar mit dem Bewusstsein, wieder ein Geschenk des Himmels erhalten zu haben. :-)

19. August - Yellowstone, Wyoming
Die Frauen entpuppten sich als Canadierinnen meines Alters, mit eigenem Auto, großer Unternehmungslust, bestens vorbereitet und einer sehr netten Ausstrahlung. Wir brachen früh in leichtem Regen mit Nebel auf, beides wich bis zur Ankunft einem strahlend blauen Himmel. Meine Eindrücke kann ich nur anreißen. Eintritt wurde in diesen sehr aufwändig zu sichernden Park nur fürs Auto verlangt, mit dem man dann auch 100 bis 200 km durch Wälder und Berge fährt. Ranger geben wichtige Tipps und Informationen, dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Man läuft auf erhöhten Bohlenwegen (wie auf Amrum), unter einem schillert der poröse Boden in allen Farben, es blubbert, dampft und zischt, Geysire mit fast 100 Grad C und Erdöffnungen der Superlative sind überwältigend, zeigen aber auch die Gefahr unter der Erdoberfläche auf. Immer wieder bricht der Boden auf und muss abgesichert werden.





Alle 70 min. steigt die Fontäne am "Old Faithful" auf, dieses Wunder solltet ihr im Netz betrachten.



Der Canyen mit Wasserfall, wieder eine völlig neue Dimension, die das Größenverhältnis Mensch und Natur klarstellt.



Die "Hot Springs" zeigen wie über Äonen neue Formationen entstehen und sich verändern. Die Holzpfade ermöglichen ein ausgedehntes Wandern auf zig Ebenen, sofern man die Zeit hat, im Park zu übernachten.



Das ist nur ein kleiner Teil der Wunder. Man begegnet auch Wildtieren wie Bison und Elch, Wolf und Bär halten sich vom Rummel fern. Ich kann meinen canadischen Freunden nur raten, sich dies nicht entgehen zu lassen, denn für mich hätte sich die lange Reise schon allein dafür gelohnt. Als ich dann abends meinen Teil der Fahrtkosten betragen wollte, kam eine Umarmung, mit dem Argument: "Wenn du in D. Canadier triffst, mach es bitte genauso, es war uns ein Vergnügen!" Das ist mir schon sehr vertraut. Vielleicht war das der eindrücklichste Tag meiner langen Reise, mit dem Wunder der Farben und der Haltung der Menschen. Die Schöpfung ist unbegreiflich.
Nun habe ich noch zwei Ausruhtage hier, mit Gottesdienst, Waschmaschine, Stadtführung, lesen ...., bevor am Montagnacht meine längste Tour nach NY beginnt. Von hier aus kommt man nur über Vancouver nach Canada, ein Riesenumweg, also erst NY. Das Landesinnere ist in beiden Ländern nicht so interessant. Auf die Ostküste freue ich mich auch wieder. Montana wird als Treasure State bezeichnet, weil auch hier die Weißen nach der Ausrottung der Indianer im Goldrausch untergingen. Heute zählen zum Glück andere Schätze wie vor mir an der Wand zu lesen ist: "The world is a book and those who do not travel only read a page." St. Augustine



Freitag, 12. August 2016
Atemberaubend kann man fühlen
11. August (8 h, ges. 50 h, Arizona)
Die Hotels sind eine Lebenswelt für sich, in denen es nichts gibt, was es nicht gibt. Heute Abend beobachtete ich die frohen oder enttäuschten Gesichter im Casino, die Flanierenden in den unzähligen Läden, die Wassermassagen, bei denen man selbst trocken bleibt ........ und genieße jetzt das ruhige Zimmer, das im Nachttisch die Gideonbibel anbietet. Diese Gegensätze spiegeln sich auch im heutigen Tag wider.
Die Fahrt ging durch endlose, bergige Mondlandschaften, dann Monokulturen mit Baumplantagen, lichte Wälder, Niemandsland, kein Tier. Eigentlich lebt der Amerikaner in seinen Riesenstädten, die an den Ozeanen erstrahlen, am liebsten, LA 4 Mill. Einwohner, Folge z. B. in SF fast 7000 Nichtsesshafte.
Der Grand Canyon ist mit 400 km Länge und an der breitesten Stelle 30 km Weite zwar nicht der größte Canyon, jedoch der bekannteste und das älteste Plateau der Erde. Vor Urzeiten geformt, durch extrem wechselnde Bedingungen, ursprünglich höher als der Himalaya, 8 mal ein Meer, durch Fossilien bestätigt, Wind, Wetter, Eis, Schneeschmelze, ein Süßwassersee schliff die Spitzen vollends glatt und wurde vor 5 Mill. Jahren zum Colorado, der den Canyon grub. Dieser größte und wichtigste Fluß Nordwestamerikas erhielt bei Las Vegas den wichtigen Hoover Damm und führt die Hälfte des Wassers, das das großzügige Amerika in einem Jahr verbraucht. Wir wurden durch einen Film mit Helikopterblick sehr gut eingestimmt, liefen dann durch Gras und Bäume und standen an der Südkannte im Fotorummel.



Es ist wirklich atemberaubend, endlos, man fühlt sich als Eintagsfliege und staunt. Jeder Blickwinkel bietet neue Formationen und Lichtstufen. Die lange Wanderung nach unten zum Fluss ist leider bei einer Gruppenfahrt nicht möglich, bräuchte auch viel Vorbereitung. Einfach überwältigend, das wussten vielleicht schon die frühen Indianerstämme, die dort lebten.



12. August (10 h, ges. 60 h)
Die Fahrt zurück nach SF gab wieder viel zu denken und zeigte neue Blickwinkel. Neben total ausgetrockneter Erde, Bäumen dürr wie Scherenschnitte, waren Plantagen mit Pistazien-, Mandel-, Pfirsichbäumen, fuhren offene Anhänger mit Tomaten an uns vorbei und dufteten Knoblauchfelder. Das geht nur mit teurer Bewässerung. Normal beginnt ab September hier die Regenzeit und alles strahlt für Monate im satten Grün und wird im Sommer dürr. Nun hat es 9 Jahre viel zu wenig geregnet oder geschneit, wodurch sehr viel abstarb. Das gleichen auch die reichen Ölvorkommen und Hollywood nicht aus. Die Gefahr von Flächenbränden ist im sogenannten Sonnenstaat extrem hoch. Die langen Fahrten sind hier total gemütlich, Busse fahren fast immer links, mit Tempomat 75 Meilen (110 km) meist geradeaus, wie auf dem Sofa. Von den 40 Grad hatten wir in SF nur noch ca. 17 mit einer frischen Brise. Und - zum ersten Mal empfing mich die Stadt im vielgerühmten Nebel.



An diesem Ort halte ich es gerne noch einige Tage aus und gönne mir jetzt erst mal ein ruhiges Wochenende an den gemütlichen Ecken der Metropole. Da sich die Golden Gate anhaltend im Nebel verbarg, nahm ich einen Bus und spielte mit ihr verstecken.



Es war eine kurze Tour zu einem kleinen Redwood Forest, somit kann ich mir den schwierig zu erreichenden Nationalpark sparen. Ich hätte noch lange zwischen den fast urzeitlichen Riesen wandern können, um ihrer Stille zu lauschen. Die einen sind in Durchmesser und Höhe enorm, andere bilden im Miteinander urige Familiengruppen oder Skulpturen.



Am Sonntag hatte ich erst ziemlich Ärger wegen der langen Greyhoundtour ab Dienstag in die Nähe des Yellowstones. Die Busse fahren ja nicht an jeden Ort, längeres Planen, dann weigerte sich mein tablet beim Buchen erstmalig, am Schalter hatte ich dieselbe Frau, die bei meiner Ankunft in SF schon nicht wusste, ob dieser Park in America liegt. Heute war ihre Frage, ob die Busstation in Californien wäre, tatsächlich ist sie sehr weit entfernt in Montana. Zum Glück kontrollierte ich nochmals und sah, dass das Ticket auf das falsche Datum ausgestellt war. Jetzt konnte ich endlich gemütlich durch den wunderschön angelegten Golden Gate Park zur Beach wandern. Dort war ein tolles, aufgewühltes Meer im kühlen Sonnenschein. Weicher Sand konkurrierte mit einer faszinierenden Felsenlanschaft, in der einst über 50 Indianerstämme abwechselnd hausten.



Ein Gang durch Chinatown führte mich ins Hostel zurück, wo ich eine neue Bettnachbarin vorfand, aus ULM mit Freund in RAVENSBURG. So klein kann die riesige Welt auch sein.

An meinem letzten Tag hier machte ich einen Ausflug auf dem Hwy 1 und dem berühmten 17 Miles Drive direkt am Strand entlang. Wunderschöner blauer Ozean mit tropischen Bäumen, Felsen und Meeresduft. Ich lernte wieder viel: Das große Beben 1906 hatte 7.9 bis 8.2 Stärke und löste zusätzlich 53 Brände aus. Der Goldrausch 1849 bis 1852 trug sehr zur Vergrößerung der Stadt bei. SF hat 42 Hügel und 7 Brücken. Über die Bay fahren tägl. 330 000, über die Golden Gate 250 000 Autos. Entlang dieser Küste hat es jährl. 2000 Std. Nebel, und die Golden Gate ist an ca. 76 Tagen nicht zu sehen. Der Hwy 1 ist der längste der Welt, von Alaska bis mindestens San Diego.



40% der Nahrung Americas wird in Californien angebaut, und 80% der weltweiten Mandelernte kommt aus dem dürren Tal Richtung LV, Erdbeerfelder so weit das Auge reicht, mit 3 Ernten jährlich. Der größte Kürbis wog 1079 Pfund. Auf der Rückfahrt verschluckte uns plötzlich wieder der Nebel, die Temperatur sank auf 13 Grad. So, ich habe nun mehr gesehen als ich plante, nun kann ich morgen die lange Strecke Richtung Yellowstone antreten. Ich möchte dann wieder über die Grenze und in Canada gen Osten reisen, finde ich einfacher.



Samstag, 6. August 2016
Die Welt ist schön !
7. August (Greyhound 25 h, now 27 h, California)
SAN FRANCISCO, strahlender Pacific, gemütliche Atmosphäre! Bei der Anfahrt wurde mir die Insellage der Stadt neu bewusst. Ich muss diesmal nicht mehr den Sehenswür- digkeiten nachjagen, sondern kann einfach gelassen eintauchen und genießen. Die Bay Bridge als Haupt- verkehrsader wurde erdbebensicher (!) neu gebaut und wird nun stückweise nach gut 50 Dienstjahren entfernt. Die ausgedehnte Anfahrt über den Ozean, mit Blick auf downtown und Alcatraz ist schon eine Wucht. Ärgerlich, dass mich eine Einwohnerin fragte, warum man die alte Brücke nicht einfach ins Meer wirft. Ich suche jetzt die schönsten Plätze mehr am Rand auf, die Straßen in downtown versinken nach einem Festwochenende gerade im Dreck. Der soziale Brennpunkt übertrifft Vancouver noch, denn auch hier sind warme Winter. Gestern wurde ein Baby mit Zeitungspapier gewickelt, das hätte ich am liebsten entführt. Californien kämpft mit der jahrelangen Trockenheit und den schon gewohnten Waldbränden weiter im Süden. In den Hostels wimmelt es von Europäern, ich habe 2 Deutsche nach ihrem Au Pair Jahr im Zimmer. Zuerst mache ich gleich den besonderen Gang über die Golden Gate Bridge und am Strand entlang zur Fishermans Warf usw.
Es war ein toller Sonnentag, an dem die Stadt mir gehörte, mit den tollen Verkehrsverbindungen ist man schnell an jedem Wunschort. Plötzlich entdeckte ich in einer Hauptstraße die deutsche Flagge. Dieses Hotel wechselt jeden Tag die Fahnen, heute war Deutschland dran. Ich wünschte, wir wären auch wieder stolzer auf unser Vaterland wie es für Nordamerikaner selbstverständlich ist.



Nach einer tollen Sonnenzeit an der einen Ozeanseite wechselte ich zur andern. Es sah aus, als ob ich diesmal die Golden Gate im Nebel haben würde. Doch bei meiner Ankunft war jede Wolke verschwunden, es wurden tolle 90 Minuten auf diesem Highlight. Ich sammelte nicht nur neue Eindrücke, sondern auch Ideen für meine Tage nach der Bustour, die morgen für 4 Tage beginnt.



9. August (Bustour 8 h, ges. 35 h, California)
Die Reisegruppe ist urig: ca. 40 Chinesen, ein paar Inder, 3 Australier und ich. Margret von Melbourne und ich sorgen gut füreinander, die Reiseleitung läuft in English und Chinesisch. Heute waren wir im ersten Nationalpark "YOSEMITE", der soll die größten Felsen der Welt haben. Wunderschön, leider sind die vielen Wasserfälle und der Fluss vertrocknet, weil es nicht schneite. Man kann sich nicht einigen, ob dieser oder Yellowstone der erste war.



Morgen um 6.30 Uhr geht es in langer Fahrt weiter gen Las Vegas, die Nachttour machen wir alle gemeinsam, also völlig ungefährlich und bestimmt urig.

10. August (7 h, ges. 42 h, Nevada)
Eigentlich sind die Amerikaner klug, wenn sie statt km Meilen verwenden, dann sieht alles nicht so weit aus. Sollte ich hier heiraten, dann nur einen Busfahrer; in diesen beiden Ländern muss man einfach unterwegs sein. Nach einer längeren Fahrt durch eine sehr belebte und technisch angereicherte Wüstenlandschaft waren wir unter den 5000 Touristen, die täglich in LAS VEGAS einreisen. Ich bin ja nun schon ein bisschen geübt, doch diese Superlative hätte ich nie so organisieren können. Neben die alte Stadt wird seit 30 Jahren eine neue gebaut. Noch riesiger, prunkvoller, leuchtender, lauter, verlockender, mit Menschenmassen, Spielwelten, Shows, unzähligen Boutiken, mindestens 5 Heiratskirchen, wenn man diesen Moment nicht lieber im größten Riesenrad der Welt hier bucht. Die unzähligen Riesenhotels drücken besondere Ambiente der Welt aus: Eifelturm, Italien, Orient, NY, Afrika ... Unser Hotel hat 5000 Zimmer, besser gesagt Suiten, in 4 Wohntürmen mit je 28 Etagen. Der Eingang erinnert mich an Aladin und die Wunderlampe aus 1001 Nacht. Das Reisebüro bekommt besonders gute Preise durch die wöchentlichen Busbelegungen.



"Lassen" rechts ist unser Bus. Morgen nach dem Grand Canyon sind wir nochmals hier, und ich stürze mich mit der australischen Margret in die Lichterflut. Sie ist froh, in mir noch einen 2. Single zu haben, man hat ja nur Paare und Befreundete in der Gruppe. Es hat um Mitternacht hier noch fast 40 Grad und tagsüber mehr, doch Räume, Busse und spezielle Plätze werden gekühlt oder besprüht. Schön sind die stündlichen Shows in den Hotefoyers, in unserem kostet der technische Aufwand dafür jedes Mal 5000 $=€. Ein Hotelturm mit dem Namen des Besitzers darf natürlich nicht fehlen: Trump! Da blieb die politische Diskussion nicht aus, mit dem Fazit eines unserer Amerikaner: "We don't like both."