Sonntag, 31. Juli 2016
Kann man toll noch steigern?
Ja, nun bin ich wieder voll in der Welt. Dass ich an diesem Wochenende ein Zimmer bekam, ist mehr als ein Wunder. Die Stadt wimmelt nur so. Ende Juli sind immer in einer Woche 3 Feuerwerke auf dem Wasser, in denen 3 Nationen um dern 1. Preis kämpfen. Dieses Jahr sind es Holland, Australien und Amerika, heute haben letztere wohl die Krönung gebracht. Der Preis erschien nirgends, aber die Zahl der Zuschauer: 500.000. Die gesperrten Straßen waren schwarz vom Menschenstrom, und an der weitläufigen Bucht beim Stanleypark bekam ich schier keine Luft mehr. Manche reisten extra mit dem Flugzeug an. Ich habe mich dann vor Beginn wieder nach hinten gewunden, so dass ich eine Mauer im Rücken hatte. Alles war wahnsinnig komprimiert, Licht, Knaller und Masse, ein Erlebnis der Superlative für 25 Minuten. Ihr könnt euch unter "Celebration of Light" Vancouver informieren. Zufällig war ich letztes Mal an diesem WE auch hier, sah aber das Feuerwerk am Strand gegenüber nur eingeschränkt von hinten. Gleichzeitig ist die Stadt von Regenbogen durchblutet für die Primeparade morgen: Kleidung, Häuser, extra Zebrastreifen, Spring-brunnen und Türme mit LED, mir sprangen die Rosen ins Auge.



Heute war dann der stundenlange Aufmarsch mit über 600.000 Zuschauern, zum Glück verteilter. Für Britisch Columbia ist dieser Tag sehr wichtig, nicht nur die sexuellen Gruppen, sämtliche Vereine und Einrichtungen sind beteiligt, auch die Familie der canadischen Regierung, Premie Trudeau, war dabei. Wer in diesen Tagen die Stadt erstmals kennenlernen wollte, hatte keine Chancen. Ich kämpfte mich durch und sah den Rummel vom gegenüberliegenden Strand aus, hatte Urlaubsstimmung um mich rum und versuchte, mich auf meine neuen Herausforderungen einzustellen. Ich habe wieder mir liebe Stellen aufgesucht und auch Neues entdeckt. Abends spielte einer auf der Mundharmonika God save the Queen für Canada und Amazing Grace für meine letzten Wochen. Das nehme ich als Abschied von BC, ich weiß ja nicht, ob ich je wieder komme, oder weiß ich es doch? ;-)
Leider erfuhr ich, dass bei Greyhound die Monatskarte abgeschafft wurde, vielleicht wollten viele das so ausnützen wie ich. Nun wird es zwar komplizierter, aber nicht unmöglich.

2. August (Greyhound 2 h, State Washington)
Die zwei Tage in Seattle wurden wie erwartet schön, tolles Wetter, ich musste mich mal um nichts kümmern. Es tut auch gut, bei allem Neuen wieder was Bekanntes zu sehen.



America tickt schon etwas anders, hektischer, voller und etwas unfassbar. Aber ich kenne das ja schon und werde mich nun um die Tour nach SF kümmern. Ich bekam bereits die erste Einladung zur Familie der Bekannten hier in der Nähe von Chicago auf meiner Tour durch die Staaten. Sie macht dann dort gerade Urlaub. Fixpunkte sind jetzt wertvoll.
Gestern waren wir im Kino, ein sehr kritischer Film über H. Clinton und die Demokraten und sicher ein Trumpf für Trump. Der Wahlkampf schlägt hier überall hohe Wellen. Beeindruckend waren auch die Riesencontainer gesalzener Butterpopcorn um mich herum. Morgen starte ich nach SF, für nächste Woche buchte ich eine geführte Tour in den Yosemite Nationalpark, den Grand Canyon, LA und Las Vegas liegen am Weg, ganz praktisch zum Einstimmen.



Freitag, 22. Juli 2016
Diesen Ausflug wünsche ich mir seit 3 Jahren
23. Juli
Zwei Stunden hinter der amerikanischen Grenze liegt dieser ständig verschneite Gletschervulkan, den ich aus der Entfernung schon oft bewunderte, in einem Bergmassiv und Nationalpark: Mount Baker, 3300 m



Schon die Anfahrt war ein Erlebnis, endlose alte, sprechende Wälder, fast kein Auto oder Mensch, ein Wildwasserfluss, enge Passstraße mit Haarnadelkurven, Adler in der Luft, sinkende Temperatur. Am Parkplatz in fast 2000 m Höhe wurden dann nur die schneefreien Wege empfohlen. Diese sind naturnah, sehr abwechslungsreich gestaltet, Treppen aus Felsgestein, Flussläufe mit kleinen Wasserfällen, Seen, Brücken, zwischen üppigem Baum- und Blumenbestand noch Schneereste, Stille und Frieden.



Dann ging es den Pass weiter hoch, zum Blick auf den Giganten. Der versteckte sich heute leider in den Wolken. Die Abfahrt war eine kleine Herausforderung, da der in 35 Jahren in Kamerun erworbene Fahrstil meiner Kollegin den völlig unabgesicherten Kurvenabhängen nicht den nötigen Respekt zollte. Die bewahrte Ankunft ließen wir noch dankbar ausklingen.
Heute kam ich einen entscheidenden Schritt weiter. Wir suchten lange die passenden Nationalparks aus. Puh, ist Amerika groß, Canada kommt einem kleiner vor, weil so vieles nicht bewohnt ist. Ich forschte schon lange nach einer Zeitkarte für den Greyhound und erhielt nur entmutigende Antworten. Dann fand ich es selbst - einen Entdeckerpass. Den gibt es auch für 2 Monate, genau meine Zeit in USA. Das gibt mir viel Sicherheit, ich könnte ja selten das günstigere Vorausbuchen nutzen und die Karten auch nicht ausdrucken. Nun kann ich ohne Ende kreuz und quer fahren, falls ich mal kein Bett finde, nehme ich einfach den Bus. Ja, ich fühle mich hier gerade sicherer als in D., mir geht es sehr gut.
Vorhin ließ ich meine amerikanische Aufenthaltsgenehmi- gung verlägern, weil ich ja mitten im Land an keine Grenze komme und dann zu früh wieder nach Canada müsste. Das war vielleicht wieder eine lange Prozedur, wie oft die wohl noch meine Fingerabdrücke und Bild wollen? Wenn D. nur halb so viel Kontrollen hätte, wäre es schon ein Rundumschutz.
Gerade rief ich zum ersten Mal von hier aus den 102 - jährigen Opa Franz an. Er war schnell am Hörer und rief spontan:"Wo brennts!" Schön war, dass er viel fitter wirkte als bei meiner Abreise und auf mich wartet. Jetzt weiß ich auch, warum an diesemWochenende alle Betten in V. belegt sind, am Montag ist BC-Feiertag, jede Provinz feiert auf ihre Weise. Außerdem laufen die Veranstaltungen des Pridedays ab, unser Christopher Street Day. Auch ein Feuerwerk wird geboten, meine Reisezeit fängt also schon sehr dynamisch an.

30.Juli
In wenigen Stunden ist meine Abreise hier, der Abschied ist genau wie vor 3 Jahren total persönlich. In Canada schreibt man sich ganz wertvolle Karten im Blick auf die gemeinsame Zeit und gibt Herzenswünsche mit auf den Weg. Ein Arbeiter aus Äquador sagte heute in den Gewächshäusern: "You have changed this place...mit deinem Enthusiasmus." Den brauche ich jetzt in den Staaten, doch nach allem, was ich hier lebte und erlebte, bewegt mich diese Aussage sehr. Diese 10 Wochen waren genau richtig, um voll in das canadische Leben einzutauchen, ohne unentbehrlich zu werden. Reich beschenkt darf ich weitergehen.



Donnerstag, 7. Juli 2016
Endspurt
7. Juli
Ja, nun sind über 2 Drittel meiner Zeit an diesem Platz vergangen. Langsam sehe oder mache ich Dinge zum letzten Mal, auch ein paar Highlights erwarten mich noch. Besonders staune ich gerade wie man hier mit Krisen umgeht, wir wurden noch mehr zusammengeschweißt. Heute kündigte eine 4. sehr versierte Mitarbeiterin, sie bekam eine Traumstelle beim Staat. Unter Tränen wurde sie beglückwünscht, ungewohnt leicht lässt man los und ist spontan offen für Neues, bzw. nimmt alles vertrauensvoll aus Gottes Hand.
Die letzten 3 Wochenenden sind nun ausgebucht. Heute machten wir wieder eine lange Tour mit dem Motorboot auf dem Fraser River, dem größten Fluss in Britisch Columbien. Ich durfte 3 Kolleginnen einladen, die sich sehr freuten. Linda hatte ein deutsches Frühstück gemacht, auf die sichere Art zuhause, denn morgens regnete es wieder mal in Strömen. Auf dem Wasser hatten wir dann strahlende Sonne, obwohl beim Rückweg rechts die schwärzesten Wolken am Himmel hingen, hier noch nicht zu sehen.



Diese kleine Siedlung liegt direkt am Wasser, aus Platzmangel kommt der Garten ganz einfach aufs Dach.



Das war ziemlich sicher mein Abschiedsbesuch, denn Helmut fährt jetzt länger weg, schade. Gleich am nächsten Tag ging das Verabschieden weiter. Eine ehemalige Klientin von 2013 hatte mich zum Dinner eingeladen und führte mir ihre neue Existenz vor Augen. Da kann ich nur sagen: "Hut ab!"
Immer wieder höre ich die Sätze: "I forgot it" oder "I changed my mind", was dann ziemlich unzuverlässig wirkt, doch der liebevolle Charme wiegt es bei weitem auf. Als heute unser 3. Rentnervolunteer (84) fast mein besonders gehegtes Bäumchen übersah und ich ihn zur Vorsicht mahnte und hinzufügte:"Auf euch Männer muss ich besonders aufpassen!", kam schmunzelnd zurück:" Und das genießen wir sehr!" In English klingt das total herzlich. ;-)
Ja, wir drei Rentnervolunteere wirbeln hier ganz schön herum und haben enorm Spass dabei.



17. Juli
Diesmal dauerte es über 2 Stunden, bis ich am PC für mein letztes WE in British Columbia einen Übernachtungsplatz in Vancouver doewn town fand. Es war das letzte Bett dort und mit noch besseren Umständen als früher. Nun ist Hauptsaison, ich muss gut vorausplanen. Gestern und heute war im Tierheim gegenüber Tag der offenen Tür. Wir boten das große Gelände als Parkplatz an, und ich nutzte die Gelegenheit zum Verkauf von Blumen - guter Erlös und sehr interessante Gespräche für Flohmarkterfahrene.



Dann ein Abendspaziergang in einem herrlich urigen Wald mit drei hautnahen Eulenbegegnungen, obwohl wir laut waren, um Bärennähe auszuschließen.



Jetzt bekomme ich fast täglich eine liebe Einladung mit tollem Essen. Das kann man nicht beschreiben, nur dankbar genießen.