Samstag, 13. Dezember 2014
Geburtstagsfieber überlagert Weihnachten
12. Dez. 2014
Während Weihnachten Opa Franz zu familiären Verpflichtungen herausfordert, fiebert er umso mehr seinem Geburtstag Ende Januar entgegen. Mit der Einladung gibt er jedoch nicht seinen Plan preis. Ich werde sicher gemischte Gefühle unter den vier Generationen haben. Heute war er nur aktiv. Erstmals wurde die Tür nicht geöffnet, der Senior hatte sich in der Zeit geirrt und machte nun Besorgungen. Dann kam sein Sohn vorbei, wir lachten viel zu dritt. In Dunkelheit und Sturm führte er mich ins nahe Hotel, die Einladung stand noch aus. Als beim späteren Musikhören ein Freund aus Canada anrief, machte Opa Franz ungeduldig Zeichen. Ich sollte laut an der Türe klingeln, damit er ihn abwimmeln könne. Ganz schön durchtrieben, er wollte mir lieber einige seiner Alltags- gewohnheiten erklären.
21. Januar 2015
Heute konnte ich den Senior erst abends besuchen, er hatte sich schon den ganzen Nachmittag mit Flurnachbarn vergnügt. Trotzdem fand er es zu früh als ich um 21.30 Uhr gehen wollte - wir könnten doch noch Helene Fischer anhören - also doch nicht nur Klassik. :-) Opa Franz erzählte und fragte wieder rege, machte mir Vorschläge für die nächste Canadareise und war etwas aufgeregt vor seiner großen Familienfeier. Der Rummel soll diesmal nur in seiner Wohnung sein. Ich wurde für die Woche danach ins Hotel eingeladen, was mir lieber ist, als dem ganzen Clan zu begegnen. Immer wieder spricht mein Wahlcanadier vom Tod, doch die Tatsache, dass er sich vor 4 Jahren mit 97 für einen Herzschrittmacher entschied, zeigt, dass er noch viel erleben möchte.

Als ich heute Nachmittag nach einer Woche wieder kam, durfte Opa Franz wegen einer Augenentzündung nicht in die Kälte raus. Sein Wohnzimmer mit Fernsicht und Musik war auch viel gemütlicher. Über mein Geschenk "Schachspiel" freute er sich riesig und will jetzt mit ganzem Einsatz einen Partner suchen. Ich sah sofort, dass die Canadaflagge fehlte. Der Sturm hatte sie zerfetzt, ein neues Orginal ist in Toronto bestellt. ❇ Zum Essen wünschte er sich Pizza, so spontan konnte ich nur tiefgefrorene holen. Mit Interesse verfolgte der Senior das Wirken seines jungfräulichen, modernen Backofens und wünscht sich so was jetzt öfter. Ihm gehen aber auch nie die Ideen aus! Weil abends ein Fußballspiel kam, konnte ich ohne Hinhaltetechnik gehen. ♣



Dienstag, 7. Oktober 2014
Von einer langen Lebensgeschichte eingeholt
6. Oktober 2014
Beim Ausflug nach Hagnau im September trafen wir endlich die "Fischerin vom Bodensee" (Zeitungsartikel) zuhause an. Es ist die Enkelin eines Fischers, mit dem Opa Franz in seiner Kindheit oft hinaus fuhr. Auch sie legt noch täglich die Netze aus und hörte sich begeistert die Geschichten ihrer Vorfahren an, die der Senior spritzig und lachend preisgab. Ihren Vorschlag, das historische Ortsmuseum zu besuchen, setzte ich gleich abends telefonisch um. Der Leiter lud uns für 6. Okt. zur Führung ein und will den ältesten Zeitzeugen für Hörbeispiele aufnehmen. Der war sofort Feuer und Flamme, doch zuerst wurde er stark durch seine canadischen Besucher gefordert.

Heute kam Opa Franz mit Notizzettel und voller Erwartung. Oft rutschte er ins Englische, was uns viel Spass machte. Das Interview klappte prima.



Zum Museum gehört auch sein altes Klassenzimmer, dort stieg schnell wieder die Wut auf seinen stets prügelnden Lehrer in ihm hoch. Beim Abschied wünschte sich der unermüdlich Junggebliebene nochmals die unvergesslichen Kirchenglocken zu hören, die er in seiner Jungend so oft läuten musste. Wir waren uns wieder mal einig: Der nächste Ausflug kommt bestimmt, für ihn war heute ein ganz besonderer Tag, und die Jahre vergehen viel zu schnell.

2. November 2014
Heute hatte ich wieder mal sehr erfreuliche Telefonate mit den beiden kurz vor ihrem 101. Geburtstag. Opa Franz war etwas enttäuscht , dass ich gerade weniger Zeit habe, er fühlt sich sehr gut und wartet auf unseren nächsten Ausflug. Schnell notierte er meinen Terminvorschlag mit dem Argument: "Das war aber eine lange Geburt!"
Die Nichte von Oma Klara äußerte sich sehr positiv über die Entwicklung des roten Katers und die Beziehung der beiden. Er verhält sich total gut, kommt zuverlässig zurück und darf mit im Bett schlafen. Sie versorgt ihn, schmust mit ihm, geht raus und ruft nach ihm. Seit sie diese Verantwortung hat, denke sie wieder aktiver und sei viel mehr auf Zack. Es macht mich dankbar, dass sich mit so wenig Aufwand so viel Lebensqualität vermitteln lässt.



Sonntag, 24. August 2014
Das Leben geht weiter - auch mit 100
18.8.2014
Heute konnte ich nach langer Abwesenheit mein Versprechen einlösen und mit Oma Klara und ihrer Nichte zum Bauernhof fahren und einen kleinen, roten Kater abholen. Obwohl sie viel distanzierter wirkt als Opa Franz, war ihr doch die Freude stark abzuspüren. Alles Nötige war bestens vorbereitet, so dass Kater Benno das Jammern schnell vergaß, ausgiebig futterte, jeden Raum inspizierte und bald zu spielen begann. Zur Eingewöhnung bekommt er erst mal Stubenarrest, auch morgen, wenn der Bürgermeister mit der Stadtkapelle Oma Klara zur lang versprochenen Kutschenfahrt abholt. :-) Bei einem späteren Besuch konnte ich mich überzeugen wie gut sich Kater Benno eingelebt hat und wie glücklich seine betagte Besitzerin ist.



Am nächsten Tag wurde ich schon ungeduldig von Opa Franz erwartet. Er bedauerte, dass er immer älter würde, und die Beine mehr Probleme machten. Dennoch gingen wir zum üblichen einstündigen Spaziergang, wobei ihm nichts entging und seine Assoziationen nur so sprudelten. Später, bei Sekt und Naschereien äußerte er tiefere Gedanken zum Tod und dem Danach, familiäre Sorgen und kleine Wünsche in seinem Rahmen. Der große Deckenventilator begleitete seine geliebte Musik und brachte Kühlung in seine Vorfreude auf den baldigen Besuch aus Canada. Opa Franz sparte auch heute nicht mit Späßen und bat mich, den geplanten Ausflug zum Bodensee bald mit ihm zu machen. Als wir diesen Termin später telefonisch vereinbarten, lud er mich wieder zum Besuch ein. Auf meine Antwort, wir würden doch in 2 Tagen zum Bodensee fahren, kam prompt die Antwort: "Das ist doch kein Besuch, sondern ein Ausflug."

So, nun wird sich für euch nur noch vieles wiederholen, weil sich Stimmungsbilder so schlecht wiedergeben lassen. Ich werde nach einiger Zeit wieder zusammengefasst berichten und mich nun mehr um mails mit meinen "Canadiern" und Englischvokabeln kümmern und die nächste Reise zu ihnen im Blick behalten.
Außerdem habe ich jetzt endlich mal Muße für Babysitting und Kreuzworträtsel, also Granny zuhause... :-)