4./5. Woche - neues Glück?
Mal sehen, ob ich diese Überschrift noch ändern muss. Hier schlagen gerade die Wellen hoch, der Vorstand der Einrichtungen hat sich mit der Bereichsleiterin in der Frauenabteilung überworfen. Heute kam es zur Konfrontation, mit Auswirkungen für Mitarbeiter und Patientinnen. Mich betrifft das alles nicht, außer mal in der Rolle des Zuhörers oder wenn ich ganz praktisch etwas abnehmen kann. Ich erfreue mich vermehrt an den Früchten und Blüten meiner ersten Wochen hier im ganz wörtlichen Sinne. Man sagte mir auch, ich wäre sehr nötig in diesem Land, weil ich den Canadiern Verantwortungsbewusstsein beibringen könne. Ich glaube, da käme selbst ich früher oder später an meine Grenzen. :-) Ich wiederum kann das ganz alltägliche Genießen von ihnen lernen.

17. Juni
Was für ein Tag! Die Ruhe und Besonnenheit im Gewächshaus war wahrscheinlich die Vorbereitung für den Abend.



Die älteste und längste Mitarbeiterin hatte mich zu einem Indianerfest zum Zwecke der historischen Bildung eingeladen. Da es nur um Essen und Kinderspiele ging, machten wir einen Waldspaziergang. Stattliche Bäume wuchsen aus verrottenden alten Stümpfen. Mir wurde erklärt, wir Europäer hätten die historischen Gebäude, Schlösser und hier gäbe es den geschichtsträchtigen Wald, weil nicht alles kultiviert und gleich zersägt werde. Bald sprach meine Begleiterin die aktuelle Krise an. Wir wurden sehr offen, doch sie kann nichts mitentscheiden. Noch in diesen Gedanken versunken begegnete ich später im Garten der Person, um die die Probleme kreisen. Unter anderem kam sie auf meine Ausstrahlung zu sprechen. Plötzlich umarmte sie mich, sie im schicken Bürodress, ich in gießnasser Hose. Dann: "Für meine Aufgabe muss ich so werden wie du. Bitte bete für mich!" Ich hatte 3 kritische Punkte bei ihr wahrgenommen, die ich wahrscheinlich mit dieser theologisch ausgebildeten Frau, in dominanter Führungsrolle nicht angesprochen hätte. Nun habe ich die offene Tür und werde die Herausforderung annehmen.

Morgen holt mich ein deutsches Paar ab, das schon 50 Jahre in Canada lebt. Sie freuen sich sehr über meine Rückkehr nach 3 Jahren. Ja, es wurde ein Tag voller Freude, tollem Essen und einem Sack voller Information. Ich erfuhr wieder viel Neues und auch Korrekturen über dieses so vielfältige Land, Clinton wurde wieder aufgewertet, die reichen Chinesen machen den Wohnungsmarkt immer rasanter kaputt, der TÜV wurde abgeschafft, und ich weiß nun auch wie die Staubsauger funktionieren....Wir saßen in einem Spitzenhotel mit Pazifikblick - wenn es nicht geregnet hätte. Wichtiger war, dass wir gleich wieder so vertraut waren, als ob ich nie weg gewesen wäre. Ich bekam sehr gute Vorschläge für die USA-Tour, die Reiseprospekte sind richtig zum Verlieben. Wer von San Francisco zum Grand Canyon will, kommt nicht an Las Vegas vorbei. Na dann!
Nun hat sich für mich wieder ein Wochenablauf eingespielt - gefühlt wie im Kinderheim. Die Prozesse unter den Mitarbeitern wühlen viel auf, in meiner Rolle dabei fühle ich mich gut. Mein betagter Gärtner möchte, dass ich unsere Bewohner mehr zur eigenverantwortlichen Mitarbeit bringe. Auf meine Frage, was ich noch probieren könnte, kam: "Sag ihnen, dass der Tag 18 Stunden hat, für die Nacht reichen 6."

Nun ist genau Halbzeit in meinem sesshaften Leben. Dass ich diesmal noch mehr integriert sein werde, hätte ich mir nicht träumen lassen und das nicht nur in der Einrichtung hier. Als ich die letzten Tage zu einer Freundin fuhr, die ich vor 45 Jahren in D. kennen lernte, wurde ich wieder sehr mit dem Wahlkampf konfrontiert. Für die Nordamerikaner hat Obama nur versagt, und Clinton sei noch schlimmer mit ihrer Offenheit gegenüber dem Islam und ihrem Plan, die Grenze zum hochkriminellen Mexico mehr zu öffnen. Auch Canada ist verunsichert und verliert die letzten Jahre schleichend seine junge Kultur durch die Manifestierung der reichen Chinesen, Ostindier, Moslems und deren starkes (religiöses) Brauchtum. Wohnungsmarkt, Farmer, Kirchen, Bildungsinstitutionen sind schwer am Klagen, während die Politiker offenherzig die Steuern kassieren.