Jeder Besuch birgt Überraschungen
Es ist immer wieder schön, diesen so jung gebliebenen Senior zu treffen. Er geht so gerne raus und lud mich beim letzten Besuch in sein Lieblingscafe ein. Dabei läuft er behende mit dem Rollator, trinkt auch die 2. Tasse Kaffe schwarz und ist beim Kuchen wählerisch. Auch aus seinem Wohnheim hat Opa Franz regelmäßig Gäste und berichtet mir dann strahlend von seinen feuchtfröhlichen "Parties".
4. April 2014
Heute erzählte er mir auf meine Nachfrage hin viele Kriegs- und Lebenserfahrungen. Nichts wurde beschönigt, und meine Meinung war ihm wichtig. Mein Gegenüber verlor nie den spannenden roten Faden und wunderte sich selbst, weil er fast nie darüber spräche. Schließlich landeten wir wieder bei unseren Lieblingsland. Als ich etwas auf seinen 101. Geburtstag verschieben wollte, meinte er verschmitzt: "Am 200. wäre es mir noch lieber." Dann bekam ich meinen DVD "Der Butler" mit schlechter Kritik zurück und soll mir bis zum Wiedersehen meine Meinung bilden. Mein neuer Vorschlag wurde dagegen begeistert aufgenommen: In unserer Zeitung war wieder ein Interview mit einer 100-jährigen Frau, ganz in der Nähe, gesund und noch selbstständig lebend. Ich werde mich erkundigen und möchte, dass die beiden Jubilare sich kennen lernen. "Was daraus wohl noch werden wird, ich bin dabei!", war die erwartungsvolle Antwort. Doch jetzt steht erst mal der Kinobesuch an.
28. April 2014
Heute machte ich mich auf die Suche nach genannter Seniorin nur wenige km entfernt. Nachdem die Zeitung sich diesmal auf den Datenschutz berief, klingelte ich an mehreren Türen wie ein Hausierer, bis ich vor ihr stand: eine kleine, sehr faltige, lebhafte, freundliche Frau freute sich sehr über einen Besucher und ein paar Tulpen. Im gemütlichen Häuschen erledigt sie noch alles selbst, schläft wie seit 63 Jahren noch im Obergeschoss, nur für den Garten und die Wäsche hat sie eine Hilfe. Gerne erzählte auch sie aus ihrem langen Leben und war erfreut, einen weiteren 100-Jährigen kennen zu lernen. Ich nenne die beiden nun einfach beim Schreiben Opa Franz und 0ma Klara. Auf dem Tisch lag eine dicke Bibel, die leider zu klein geschrieben sei. Dass ich ein Vergröße- rungsglas bringen werde, war für sie wie ein Wunder. Von ihren drei Söhnen lebt nur noch der älteste mit 80 Jahren. Weinend erzählte sie vom Tod ihres geliebten Katers, den sie vor langem aus dem Tierheim holte. Jetzt würden die ihr altershalber keinen mehr geben. Sie lebte sichtlich auf, als ich versprach, mich umzusehen. Es muss ein Kater sein, nicht schwarz, am besten rot. Ich habe schon etwas im Hinterkopf, es ist oft so leicht, einen Menschen glücklich zu machen. Auf das Zusammentreffen der beiden besonderen Individuen bin ich sehr gespannt.