Das Reisefieber steigt
MONTAG, 15. Juli, ein Großkampftag mit 6 Frauen im Garten. Tausend Fragen und Bemerkungen: "Sind die Deutschen perfekt. Ja, Du musstest hierher kommen, um den Canadiern zu zeigen was Unkraut ist...." Ich habe übrigens noch keine Schnecke im Gemüsegarten und noch keinen Girsch gesehen, dafür Huflattich ohne Ende. Als ich mittags dann alleine unter dem Büschen kniete, barfuß, dreckig, schwitzend, kam der Direktor vorbei, stellte mich einem anderen Mann als deutsche Freundin vor, umarmte mich wieder väterlich und wünschte mir, dass der Segen meines Einsatzes wieder auf mich fällt. Das hat mich neu motiviert, und den Wunsch beziehe ich gleich auf meine weite Reise. Die 44 Busstunden nach Whitehorse sind nötig, weil es keine senkrechte Straße gibt, es geht lange durch die Rockies, dann weit nach Nordost und schließlich nach nordwest zurück. Wer es auf der Karte verfolgen will: Vancouver - Prince George - Dawson Creek - Fort Nelson - Whitehorse. An jeder der Stationen ist 3 Stunden Aufenthalt, zum Reinigen der Busse, Beine vertreten oder Essen. Ich komme um 4.30 morgens an. Da kann ich gleich eine Stadtbesichtigung vor dem Frühstück machen. Für Alaska habe ich auch Pläne, aber das ist noch nicht spruchreif. Mal sehen, ob ich schon einen ähnlichen Spinner im Bus finden werde. :-) Übrigens habe ich gestern erst bemerkt, dass ich im Bett durch das kleine Fenster im Wohnwagendach die Sterne sehen kann. Toll, ich darf nicht so schnell die Augen zu machen.

WOCHENDE, mein vorläufig letztes hier. Ich habe Euch nicht vergessen, aber es wiederholt sich vieles: Jäten, Ernten, Kochen, Tagesablauf mit den Frauen, gefordert und gelobt werden, Fahrten, nach Worten suchen usw. Heute fühlte ich mich ganz wie im Kinderheim. Eine 19-Jährige sollte ihr Zimmer, bzw. Saustall aufräumen. Nach Tagen habe ich jetzt meine Methode angewandt. Nach Weinen und Toben arbeiteten wir Hand in Hand - 5 Waschmaschinen. Am Abend war sie total dankbar. Ja, es war wie jahrelang mit Dir, Bianca und so manchen von Euch. Im meeting sagte dann einer der wenigen Männer hier, ich hätte das Herz von Mutter Theresa. Auch das war im Heim oft mein Steckbrief, ich habe mich eben nicht verändert. Hier ein kleiner Blumengruß, eines der ca. 7 Beete unter meiner Pflege. Ihr seht meinen Schatten und die Barfußspuren.



SONNTAG mit vielen Begegnungen. Nach dem Gottesdienst sprachen wieder viele Deutschstämmige mit mir. Ein Mann erklärte mir seine lange Flucht aus Russland und den Tod seines Vaters im KZ. Wir hatten ja die Einladung bei der über 80-Jährigen, es gab so richtig deutsches Essen. Sie lebt in einem größeren Gartenhäuschen, urgemütlich mit vielen deutschen Andenken, z. B. einer großen Kuckucksuhr. Wenn man hier von Kirche zu Kirche geht, kommt man fast ohne Englisch zurecht. Mittags wurde mir eine Weihnachtsbaumfarm gezeigt. 12000 Tannenbäume jeder Größe. Im Dezember kommen über 1000 Kunden, 500 Bäume sind zum Verkauf fertig, jeder Kunde sägt seinen Baum selbst ab. Hier im Süden leben viele Menschen, aber schon 5 km nördlich keine Menschenseele mehr. Ich werde bei meiner Fahrt außer in den kleinen Städten unseres Aufenthaltes nur Bären und Wölfe sehen. Das Land muss unvorstellbar riesig, mit unzähligen Bergen und Wäldern ausgefüllt und nur auf einsamen Straßen passierbar sein. Nun habe ich so richtig Lampenfieber. Mir wurde auch gesagt, dass ich nur selten ins Netz kann. Ihr hört also auf jeden Fall an den vielen Fahrtagen nichts von mir. Glaubt einfach, dass es mir gut geht und dass ich vieles zu berichten haben werde. Heute ist ein pausbackiger Vollmond vor meinem Camper, ich werde ihn noch ein bisschen genießen. :-)