Bin ich vielleicht froh, dass ich nicht mit einer durchgeplanten Gruppe hier bin, falls es das überhaupt gegeben hätte. Man findet sich ganz gut zurecht durch die Straßenkaros, das sichere Manhatten pulsiert nur so vor Leben, vor allem nachts. Auch um die Jugendherberge waren um 22 Uhr noch sehr viele Leute (105 St aufwärts). Durch die Türsteher und Security fühlt man sich sicherer als in einem Dorf. Ich war wieder lange unterwegs, und am Schluss auf dem Rockefeller Center, das muss man nachts machen. Nach genauer Durchsuchung geht es zur 68. Etage, dann noch 2 Treppen zur letzten Plattform. Wer hier war, braucht keinen anderen Aussichtsturm mehr. Du schaust von da oben auf das Lichtermeer und kannst kaum glauben, dass darin ein Bett dir gehört. Und das in einer windstillen, lauen "Mainacht" mit der effektvollen frühen Dunkelheit.
Vancouver ist voll Melancholie, SF ist heimelig, aber NY ist bombastisch. Dass Menschen in ihrem kurzen Leben, mit ihrer kleinen Kraft und zeitlich festgelegten Denkweise so etwas erschaffen können. Meine lieben Canadier, das müsst ihr euch wirklich alle auch gönnen.
Heute morgen war ich lange im Central Park, mitten in Manhatten, eine Naturoase. Man sieht z. T. im Hintergrund die Skyliner, hat jedoch absolute Ruhe und eine Augenweide. Ich war auch zufrieden, dass ich den Führer besser verstand, ohne die anfängliche Anstrengung.
Danach eroberte ich nochmals gemütlich die Innenstadt. Ich fuhr nun doch auch noch im Empire State Building hoch, diesmal zur 102. Etage, es gibt eben doch immer noch eine Steigerung. (Dies war mit in meiner Kombikarte). Der Personalaufwand ist enorm, hier scheut man keine Kosten, um Gefahren auszuschalten. Bei der Leibesvisitation hätte ich mich fast ausziehen müssen, weil es immer piepte (canadischer Anhänger im Geldbeutel) :-) Oben hüllte uns ab und zu eine Wolke ein, aber es war warm und interessant. Dann wurde es ganz toll. Überall unzählige Menschen in Sommerkleidung, am Times Square (Broadway/42th St) war alles nach 23 Uhr taghell mit vielen Angeboten und Spaß. An sämtlichen Fassaden laufen Werbungen, Bilder, Nachrichten, alle Läden sind geöffnet, an den Baustellen wird gearbeitet, haufenweise kulturelle Angebote - hier könnte man die ganze Nacht sitzen und staunen.
Am dritten Tag fühle ich mich am Broadway schon ganz schön zuhause, an den gemütlichen Sitzecken an der 23. St z. B. hört man mitten im Rummel das Herz der Stadt schlagen. Über mehrere km trennt der Central Park Manhatten in Ost und West, d. h. jeder kann beim Einkaufen, nach der Arbeit oder zum Bahnhof schnell mal durch die grüne Lunge gehen. Ich lief und lief heute, sah das Rathaus (nicht mehr für Besucher zugänglich), sehr schöne Plätze mit Brunnen, die Wall St, in der man das Geld riechen kann, gemütlich kam ich in strahlender Sonne zu den Brücken, die ich beide begehen wollte. Die Manhatten Bridge bietet einen herrlichen Blick auf die Stadt, die Bucht, die Freiheitsstatue und auf ihre Schwester nebenan. Neben den Fußgängern rattert jede 2. Minute ein Zug vorbei, darüber rollen die Autos. Laut, aber beeindruckend.
Der Rückweg über die Brooklyn Bridge war eher romantisch, die Autos weit unter mir, dafür sehr viele Menschen: Maler, Artisten, ein Mann ließ seine Boa streicheln, ein Brautpaar, Hunde in Kinderwagen, Radler... Danach genoss ich noch den Park und die Weltmetropole. Die Atmosphäre, die Menschen in ihrer Hautfarbe und Emigrantenvielfalt, die Security überall und die Superlative in jeder Hinsicht lassen sich nicht beschreiben, man muss es erleben. Hier möchte ich gerne noch mehr Tage sein.
Am nächsten Morgen an der Fähre zur Freiheitsstatue wurde alles kontrolliert: Taschen, Jacken, Uhr, Gürtel, Geldbeutel, Camera alles musste in den Korb und durch den Scanner. Die Sicherheit erfordert viel Personal und Geld, man kann sie nur mit der amerikanischen Geschichte verstehen. Es ist gut, dass man auf der Insel zur Statue aufschaut, dann vergisst man das Menschengewühl. Ich verzichtete auf die endlose Schlange und neue Durchsuchung zur Besteigung und hörte die deutsche Beschreibung im Sonnenschein und Wellenklang. Diese Erläuterungen sind sehr bewegend, beschreiben die Not z. B. der Einwanderer, Hoffnungen, eine unendliche Symbolkraft dieser Statue, die auch 2001 aus dem Rauch ragte und stellen auch den Bezug zu unserem persönlichen Leben her. Tiefbewegt und stiller fuhr man zurück. Leider fiel der 2. Teil auf der Nachbarinsel, Ellis Island, wegen Restaurierungsarbeiten aus. Diese Insel war das Schicksal der Emigranten, hier wurden sie untersucht, aufgenommen oder zurückgeschickt.
Am Weg zurück zum Broadway ist der Ground Zero mit seiner ganz eigenen Stimmung. Ein Lücke mitten in den Büroskylinern, teilweise neue Türme, aber immer noch eine klaffende Baustelle mit vielen Hinweisen. Es gibt ein Museum mit Zeitzeugen und eine spezielle Gedenktafel direkt am Ort des Geschehens. Dazu muss man in einer unendlichen Schlange zur Durchsuchung und wird dann mit x Sicherheitsbeamten durch die Bauzäune geleitet. Mir reichte es außen, auch dort spürte man noch die Wunde und die Angst im Volk. Manche sehen es jetzt auch als Wallfahrtsort an, Amerikaner weinten.
Nun bekam ich noch ein Bild von einem, der drin war. Amerikaner verbinden viele Gedenkstätten mit fließendem Wasser, was ich eine sehr gute Inspiration finde. Auch hier stehen auf der Grundfläche der ehemaligen Türme 2 große Brunnen, deren Wasser ständig über die Steinwände mit den Namen der Opfer fließt.
Gegen Abend war mein einziger kleiner Regen, richtig fürs Museum. Auf der Fahrt dorthin muss ich eingeschlafen sein, der Busfahrer musste öfter "Mum" brüllen, denn ich blieb an der Endstation sitzen. Da musste ich zum Glück hin, doch das zeigt auch, wieviel Energie NY kostet und dass man einfach sicher ist. Zuletzt nahm ich an einer Führung vom Hostel durch Harlem teil, die mit einer Gospelaufführung von Schwarzen lautstark endete. Die New Yorker sind sehr stolz, dass Obama an ihrer Uni in Harlem Student war.