Der ADAC beschreibt San Francisco so gemütlich, dass ich mich richtig auf 5 Tage Stadterwanderung freue. Beim Start am größten Bhf. Vancouvers leerte ein Asiate seinen 2. Koffer und stellte ihn in einer Ecke ab. Ich erklärte, dass er ihn mitnehmen müsse, damit der Bhf. nicht wegen Bombenverdacht abgeriegelt würde. Beim 3. Versuch verlor er sein süßes Lächeln und verstand. Brav transportiert er jetzt beide Koffer, hat mich aber nie mehr angelächelt. An der Grenze wurde er als einziger gefilzt, mit Fingerabdrücken usw. Es gefällt mir, dass die Züge hier ständig tuten, die Fähren heulen und jeder Greyhound bei Abfahrt hupen muss. Also habe ich es im Heim beim Kindereinsammeln doch richtig gemacht. Der 3-std. Aufenthalt im sonnigen Seattle war ein anderer Eindruck als vor 4 Monaten, ich staunte selbst über meinen gesammelten Erfahrungsschatz. Nun versuche ich mich neben meiner dicken Nachbarin etwas einzukuscheln - eine weitere Busnacht.
Nach viel Regen strahlender Sonnenschein kurz vor dem Ziel. Ich plante richtig, denn in Fairbanks hat es jetzt 2 und nachts -5 Grad. In Californien ist vieles anders: eine gewisse Hektik, weniger Menschen lächeln, endlose Obstplantagen wie mit dem Lineal gepflanzt, Maisfelder so weit das Auge reicht. Die Busse fahren in den Staaten auf dem Hwy übrigens immer auf der linkesten Spur und biegen auch nach links an extra Ausfahrten ab. So, nun mache ich mich erst mal stadtfein, soweit das nur mit einem Rucksackinhalt möglich ist.
Diese Inselstadt mit knapp 1 Mill. Einwohnern strahlt nur so vor Gemütlichkeit, blauem Himmel und Wasser, Blumen und vor allen am lauen Abend mit unzähligen Lichtern. Alles ist sehr individuell, auch die Straßen haben wieder richtige Namen, sind oft so steil wie in Rom und bieten nach der Kuppe Überraschungen. Die Nebel- und Windvorhersagen von Bekannten sind nicht eingetroffen. Nur auf der berühmtesten Brücke wehte es mir im offenen Touristenbus die Tempos aus der Jackentasche. Ja, ich verschaffte mir heute einen guten Überblick und weiß wo ich morgen Station mache. Gesehen haben muss man auch die Gefängnisinsel Alcatraz und die einmalige cable-car Betriebsstation.
Außer dem total ansprechenden Stadtpanorama gibt es auch sehr viel Kultur und Kunst, und ich habe für morgen ein Stadttour bei Nacht gebucht. Die Stimmung der Leute gleicht wieder Canada, und die Jugendherberge mitten im Herz hat pro Zimmer sogar eine Dusche und integriertes Frühstück. Dabei kostet sie nicht mehr als im Hotel nebenan der Parkplatz.
Das war wieder ein Bilderbuchtag. Ich erwischte einen Bus, in dem eine Schwarze die Erklärungen sehr spaßig machte, ich blieb gleich für 2 Rundfahrten. Nebel ist hier sehr oft im Sommer, September ist viel besser. Bei der Nachttour erzählte sie, dass sie sich an eine solch klare Nacht lange nicht erinnern kann. Die Stadt ist so schön, ein paar Insidertipps will ich noch verfolgen. Im Golden-Gate-Park stehen Statuen von Beethoven, Goethe und Schiller. Soviel habe ich noch nie über Erdbeben gehört, 1989 war das letzt größere, danach wurde z. B das Rathaus geschlossen und in 10-jähriger Bauzeit gesichert. Unter jeden Stützpfeiler kam eine Art Gummiisolierung, so dass Schwankungen in jeder Richtung abgefangen werden. In den nächsten 20 Jahren ist das nächste vorausgesagt, daher wurde die gleiche Methode 2012 an der Golden-Gate-Brücke beendet. Nachdem ich mehrmals darüber gefahren war, lief ich in der Mittagssonne in 40 Minuten zurück. Das ist ein historischer Akt mit tollem Panorama, störend ist nur der Autolärm auf 6 Spuren. Da öfter Selbstmordversuche passieren, sind mehrere Nottelefone zur letzten Rettung angebracht.
Die Nachtfahrt war dann besonders eindrucksvoll, Stimmung, Lichtermeer, laue Luft ...Die über 10 km lange Bay-Brücke ist viel heller beleuchtet und bietet einen umwerfenden Ausblick. Schade, dass sie so hinter ihrer gegenüberliegenden Schwester zurückstehen muss.
Einmal saß eine Frau aus Fairbanks neben mir - an meinem südlichsten Ziel jemand von meinem nördlichsten Aufenthalt, ein kleines Wunder.
Am heutigen Tag konnte man abends um 9 noch im T-shirt draußen sein, ein richtiger Julitag, an dem sich die Touristen fast auf die Füße traten. Ich stieß auf eine 3-std. Stadtführung hinter die Kulissen, wir machen morgen die andere Stadtseite. Nach einer Rathausbesichtigung fuhr ich endlich mit dem cable-car, sehr interessant. Ich sah die beliebten Gefährte immer proppenvoll und suchte mir eine Zeit, in der ich fast alleine war. Nachdem ich wieder lange an der Fisherman's Wharf den Abend genossen hatte, ging ich in ein einschlägiges Lokal, "The Stinking Rose". Solche Sachen entdeckt man bei Führungen. Das große Lokal war voll besetzt, roch schon verdächtig und war mit unzähligen Knoblauchknollen dekoriert. Ja, es gibt dort Knoblauch mit Beilagen, nicht umgekehrt, sogar Knoblaucheis - meine armen Mitbewohner. Auch morgen werde ich vieles entdecken, diese überschaubare Stadt kommt in meiner Wertung nun auf Platz 3: Hamburg - Vancouver - SF.
hildewilske am 25. September 13
|
Permalink
|
|