Freitag, 12. Juli 2013
Andersartigkeiten gemeinsam erleben
Der angekündigte Ausflug war spitze, aber ganz anders als ich gestern meinte zu verstehen. Blauer Sonnenhimmel, blauer Ozean, salzige Luft, ganz wenig Menschen, nette kleine Läden.... Aber die weiße Steilküste besteht aus einem riesigen, weiß strahlenden Felsbrocken am Strand.



Das kleine Watt wurde bei unserem 2-stündigen Spaziergang von der leichten Flut überschwemmt, der Ausblick war nach jeder Wegbiegung neu zum Staunen. Ich sah nun schon öfter, dass die Bahn in USA und Canada direkt am Meer fährt. Heute ging die Uferpromenade öfter über die Schienen, völlig ungefährlich, da ein Zug unaufhörlich laut hupen muss - Sicherheit durch Mark und Bein.



Dann gab es das total typische Essen "Fish and chips" in der Einwegpackung.
Keiner schafft die ganze Portion .....



Mein Alltagsleben hier regt mich weiter zum Nachdenken an. Ich bin froh über die Gegenpole Tourist und Mitarbeiter. Ich erfahre die völlig andere Art der Tagesgestaltung, Stärken und Schwächen der anderen Mentalität, wie man etwas plant oder Probleme löst, völlige Unkompliziertheit und Chaos eng beieinander, Bedeutung von Ordnung oder Verhaltensweisen, gewöhnungsbedürftige Gewohnheiten, Unkompliziertheit, aber auch Orientierungslosigkeit und das totale Fehlen von Hektik und Anonymität bis an die Wurzeln. Heute wurde mir der Unterschied zur europäischen Mülltrennung erklärt, manches ist nicht mit Logik zu verstehen, das merke ich nicht nur beim Sprechen immer mehr. Manchmal ist D. nicht mehr so ganz gegenwärtig, das zeigt mir, dass jetzt der mittlere Block meiner Abwesenheit beginnt, was sich in den letzten Wochen wieder schnell ändern wird.
Ich erlebe jetzt mein 6. Wochenende hier, da fühlt man auch das Unausgesprochene. Durch mein ganzheitliches Einbringen ist das für die Gefühle manchmal wie Achterbahnfahren. Heute hatte ich so viele tiefgehende Begegnungen, dass die andere Kultur mich ganz schön forderte, manchmal ist es wie ein ganz neues Leben auf dem Teppich des Altvertrauten. Übrigens, meine Haare wachsen hier gemeinsam mit dem Unkraut, so dass mein nächstes Erlebnis ein Friseur in Chinatown sein wird. Nun gehe ich schnell in meine Schlafecke, um genügend Zeit zur Traumverarbeitung zu haben.

Der SONNTAG heute war wieder ganz schön verrückt, ich begegnete in diesem Riesenland den Spuren meiner Vergangenheit. Die ältere Kollegin nimmt mich nicht nur öfter mit in die USA, sondern heute auch mit in ihre Kirche, weil dort so viele deutsch können und sich freuen würden. Ich wurde sehr herzlich empfangen und aufgeklärt. Mennoniten sind eine evangelische Freikirche, die nach 1500 in Holland entstand. Wie viele andere wurden sie verfolgt und ermordet. Sie mussten aus Holland und Deutschland fliehen und bekamen von der russischen Katharina der Großen Land geschenkt, womit sie Farmen gründeten. Das ist auch die Geschichte der Vorfahren meines Vaters, die in Bessarabien sesshaft wurden, während die Mennoniten in der Ukraine waren. Im 2. Weltkrieg mussten alle fliehen, über die Bombennacht in Dresden. Die Familien meines Vaters gingen in die Heimat Deutschland, die anderen hauptsächlich in das große Canada. Dort gaben sie ihren Kindern die Sprache weiter, es ist erstaunlich wie viele hier etwas deutsch können. Man freut sich über Deutsche; ich wurde gleich für nächste Woche zum Essen eingeladen. Heute siedeln sich hier sehr viele Inder an, betreiben riesige Obstfarmen, bauen mit staatlichen Mitteln große Häuser, was die Einheimischen nicht gerne sehen. Ich glaube hier ist Platz für die halbe Welt.